Andrea Böning/Berlin
Zwei Wochen Gropiusstadt 2005
Nach der ersten Stille mein Beschluss, die Fenster zu putzen. Wenn schon Ausblick, dann aber klar. Freue mich immer wieder über die Bilder, die ich beim Hinausschauen sehe. Es ist ein sonniger Oktober.
Verschiedenste Grau- und Weißtöne zeigen sich innerhalb
Vertikalen, Senkrechten und Fluchten. Sie umgeben die quadratischen Öffnungen,
aus denen allabendlich eine feierliche Stimmung ausströmt, Lichtwärmen
aus Küchenlampen, kleine Lämpchen oder Fernsehflimmern. In der Dämmerung
morgens und abends vermischt sich das Grau des Betons mit dem Grau des Himmels.
Zusammen mit dem herbstlich rot-orangenen Laub, dem Nebel und den Wolken ergibt
sich malerisch Dekoratives. Die Luft hier riecht gesund.
Man sieht hier so wenig von den vielen Menschen, dass man ein Gefühl von
Ich-und-die-Welt bekommt. Warum hier nicht solitäre Landschaftsmalerei
betreiben?
Ohne Plan spaziere ich zwischen den Häusern. Ich verirre
mich und finde wieder zurück. Langsam bekomme ich eine Orientierung, aber
das gefällt mir nicht. Das Wandern zwischen ewigen Felsen und Schluchten
ist so nur halb so schön. Die angrenzenden Felder werden zum weiten Meer.
Ich stehe an der Brandung. Gerne würde ich mich im (in den Gropiuspassagen)
neu erstandenen Badeanzug in die Wogen stürzen.
Man trifft die Menschen nicht in den Grünanlagen zwischen den Häusern,
sondern hier auf dem Mauerweg. Es ist die Kaipromenade der Gropiusstadt.
Am Horizont, dort
an der ehemaligen Deponie, sollte eine große halbrunde Sonne stehen, die
bei Dämmerung und Nebel im warmen orange zart leuchtet.
Es ist romantisch hier, es ist kitschig und ich bin erstaunt, heute ein Versprechen
der Gründer dieser Gartenstadt erfüllt zu finden: Leben in proper
domestizierter Natur, erschwinglich und garantiert erholsam.
contact: Andrea
Böning