Matthias Beckmann / Berlin

Zeichnen in der Gropiusstadt / 2008

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Gerne begebe ich mich für einen befristeten Zeitraum in eine fremde Umgebung, um dort als Beobachter meine Eindrücke zeichnerisch umzusetzen. Waren das bisher vor allem Orte und Institutionen wie der Deutsche Bundestag, die Charité Berlin, ein Automobilwerk von Daimler oder Museen in Berlin, Bremen, Bonn, Duisburg, Wuppertal oder Gent, so war diesmal der Ort nahe, nur einige U-Bahn-Stationen von meiner Wohnung in Berlin-Kreuzberg entfernt, doch mindestens so fremd wie ein medizinisches Labor. Eine gebaute Bauhausvision und gleichzeitig ein Dorf, Großstadt und Countrymusik im Freien, enorme Wohnbatterien und viel Grün, Anonymität und doch immer wieder die gleichen Menschen, die auf den Bänken des Lipschitzplatzes sitzen.

Hatte ich zunächst geplant, während des einwöchigen Aufenthaltes vor allem die unpersönliche Atmosphäre der Gropiuspassagen, des größten Einkaufszentrums Berlins, festzuhalten, so wurde daraus ein viel breiter angelegtes Zeichenprojekt, das vom Alltag erzählt: U-Bahn-Stationen, Passanten und Autoverkäufer auf der Piazza der Einkaufspassagen, Marktstände mit Gemüse oder Damenstrumpfhosen, die Spiegelwelt eines Frisiersalons, ältere Damen unter futuristischen Hauben, Kirmesstände, eine Kirche, die innen wie ein Schiff gebaut ist, ein Kinderspielplatz, die Verlegung und Instandhaltung der Fernwärmerohre, Bagger, Kinder auf einem riesigen Trampolin, die Wohnung, ein Blick aus meinem Stockwerk auf die Gropiuslandschaft und vieles mehr. Aus der Zusammenschau der einzelnen Zeichnungen ergibt sich ein Gesamtbild der Eindrücke, die ich in dieser Zeit gesammelt habe. Während ich auf dem Anglerhocker saß und meine Linien zog, fragte eine Touristin aus einem fernen Land, ob sie mich fotografieren dürfe. Ein Mann mit Fahrrad sagte, er habe mich schon an verschiedenen Orten beobachtet. Gespräche habe ich nicht gesucht. Sie haben sich manchmal ergeben. Ich wollte einfach nur schauen.

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